Die Entwicklungder Kontrolle und des Prüfungswesensbei der Stadt Wien

Der urkundliche nachweisbare Anfang einer stadteigenen (örtlichen) Rechnungskontrolle für die Verwaltung der Stadt Wien reicht in das 16. Jahrhundert zurück. Die Stadtverordnung vom 12. März 1526, die von Ferdinand I. zu Augsburg gegeben wurde, enthielt bereits Bestimmungen, die das Bestreben nach einer Gebarungsprüfung deutlich erkennen lassen, während früher im Allgemeinen die Gebarungssicherheit dadurch angestrebt wurde, dem Rechnungsleger einen Gegenschreiber zur Seite zu stellen, der die Aufgabe hatte, über alle Geschäftsfälle von den Rechnungen des Verwalters unabhängige selbständige Aufzeichnungen (contre-rôle – Gegenaufzeichnung) zu führen. Hiedurch konnten ziffernmäßige Unrichtigkeiten und Verfälschungen festgestellt werden. Um Missbräuche der Verwalter hintanzuhalten, durften Einzahlungen und Ausgaben entweder bloß an vorbestimmten Tagen und nur in Gegenwart der beiden Beamten vollzogen werden, oder es mussten alle Geschäftsfälle früher in das Tagebuch des Gegenschreibers (Kontrollors) eingetragen, die Belege von diesem geprüft und als verrechnet bestätigt werden.
 
In späterer Zeit bildete sich offenkundig in Verbindung mit den Steuerangelegenheiten die "Buchhalterei" aus (etwa 1549), die bereits 1581 urkundlich auch als Prüforgan der übrigen städtischen Ämter wirkte. Im Jahre 1586 scheint die "Buchhalterei" als selbständiges Amt auf. Ihre Obliegenheiten deckten sich im Wesen mit jenen der Staatsbuchhaltereien. Die Verwaltungsbeamten hatten ihre Rechnung mit sämtlichen Beilagen einzusenden. Hierauf erfolgte durch die Buchhalterei die postenweise Nachprüfung. Die Bemängelungen wurden dem Rechnungsleger schriftlich zur postenweisen Beantwortung übermittelt. Die älteste erhaltene Dienstinstruktion ist vom 28. Jänner 1598. Einer ausführlichen Buchhaltereiinstruktion aus dem Jahre 1657 ist zu entnehmen, dass sich die jährlich dem Stadtrat zu legende "Amtsrelation" nicht nur auf das Festhalten der Ergebnisse der Rechnungsprüfung beschränken, sondern auch auf hieraus gewonnene Vorschläge für Verbesserungen in den einzelnen Ämtern erstrecken sollte. Im Allgemeinen scheinen allerdings die ziffernmäßige Prüfung der Rechnungen und die reinen Buchhaltungsgeschäfte überwogen zu haben. Die Tätigkeit der Buchhalterei war von den übrigen Ämtern der Stadt Wien unabhängig und wurde vom Bürgermeister und dem Rate überwacht. Dagegen war die Buchhalterei in einem jeweils mehr oder minder starken Abhängigkeitsverhältnis von den Hofstellen. So wurde sie 1779 der Stifungs-Hofbuchhalterei, dann 1780 der k.k. Rechnungskammer, 1782 der Hofrechenkammer und im gleichen Jahre der k.k. städtisch und Stiftungs-Hofbuchhalterey unterstellt. Im folgenden Jahr wurde diese Unterstellung aufgehoben und der Hofrechenkammer verblieb die "Superrevision". Im Jahre 1785 wurde die Stellung der Buchhaltung neuerlich geändert. Sie wurde der n.ö. Landesbuchhalterey untergeordnet und über diese der Hofbuchhalterey unterstellt. Im Jahre 1808 wurde die Stadtbuchhaltung dem 1805 errichteten k.k. General­rechnungs­direktorium untergeordnet. Erst nach den Ereignissen des Jahres 1848 und der Abgrenzung der Wirkungskreise des Gemeinderates und des Magistrates der Stadt Wien setzten im Zuge der Organisationsmaßnahmen auch Reformen der Buchhaltung ein und es wurde ihre Stellung dahin festgelegt, dass sie
1.) "das unmittelbare Hilfsorgan des Gemeinderates in Ausübung des demselben allein zukommenden Rechtes der Kontrolle und
2.) ein Hilfsorgan des Magistrates in der Besorgung aller zu administrativen Zwecken nötigen Rechnungsgeschäfte"
zu sein hatte. Im Zuge einer Reorganisation des Magistrates wurde im Jahre 1864 auch eine solche der Stadtbuchhaltung vorgenommen, da sich gezeigt hatte, dass die Unabhängigkeit der Kontrolle wohl im Prinzip ausgesprochen, aber in der praktischen Durchführung nicht gegeben war und eine Reihe administrativer, finanzieller und wirtschaftlicher Angelegenheiten des Magistrates der Prüfung entzogen blieben. Die Reform zielte darauf ab, eine durch­greifendere Kontrolle zu schaffen, die sich insbesondere nicht bloß auf die Feststellung der ziffernmäßigen Richtigkeit beschränkt, sondern auch sachliche Feststellungen ermöglichen sollte, um dem Gemeinderat einen richtigen Einblick in die Gesamtgebarung zu bieten. Das "Statut für die städtische Buchhaltung" aus dem Jahre 1864 trug diesen Bestrebungen insofern Rechnung, als die Buchhaltung vom Magistrat unabhängig dem Gemeinderat und dem Bürgermeister unmittelbar unterstellt und ihr als Organ des Gemeinderates die Kontrolle über sämtliche Gebarungen mit Geld oder Geldeswert übertragen wurde. Die Kontrolle hatte nicht nur die ziffernmäßige Richtigkeit der gelegten Rechnungen und die Gebührlichkeit der darin enthaltenen Rechnungseinstellungen gegenüber den Rechnungslegern zu erproben, sondern auch zu prüfen, ob alle denselben zugrundeliegenden Anweisungen von Geld oder Geldeswert in den Vorschriften und Beschlüssen des Gemeinderates oder Magistrates ihre Begründung fanden.
 
Diese Regelung erhielt sich in nahezu unveränderter Form bis zum Jahre 1920. Aus der geschichtlichen Entwicklung zeigt sich, dass seit dem nachweisbaren Bestand der Stadtbuchhaltung auch die stadteigene (örtliche Kontrolle) in ihrer Hand lag. Seit dem Jahre 1848 war sie wohl in ihrer Stellung als Kontrollorgan vom Magistrat unabhängig, gleichzeitig aber zur Leistung des administrativen Rechnungsdienstes für die Verwaltung verpflichtet. Diese letztere Aufgabe sowie die Versehung des zentralen Buchhaltungsdienstes brachten naturgemäß eine Zwitterstellung mit sich, die sich für eine einwandfreie unabhängige Kontrolle nachteilig auswirken musste. War doch die Buchhaltung gleichzeitig Hilfsorgan des Magistrats und Kontrollstelle der Verwaltung. Das Bestreben nach einer wirksamen und umfassenden Kontrolle und Gebarungsprüfung musste daher folgerichtig darauf ausgehen, die Trennung der Prüftätigkeit von den übrigen Aufgaben der Buchhaltung vorzunehmen.
 
Nach den Erschütterungen des ersten Weltkrieges und im Zuge der politischen Neugestaltung brachte das Jahr 1920 eine grundlegende Änderung der Gemeindeverfassung und im Zusammenhang damit auch die Lösung der Frage des Prüfungswesens. Seit der Gemeindeordnung vom 6. März 1850 waren keine so einschneidenden Veränderungen erfolgt, da sowohl die Schaffung des Gemeindestatutes vom 19. Dezember 1890 (Einverleibung weiterer Gebietsteile im 13. und 21. Bezirk) nur Fortbildungen bedeuteten. Das Gleiche gilt für die Ergänzung der Gemeindevertretung auf Grund des Gesetzes vom 12. November 1918 sowie für das Gesetz vom 12. Mai 1919, betreffend die Änderung des Gemeinde-Statutes und die Gemeindewahlordnung vom gleichen Tage (n.ö.Ld.G.Bl.Nr. 37 und 38).
 
Durch die Bundesstaatsidee und durch die zeitgemäße Forderung einer durchgreifenden Demokratisierung der Verwaltung war nach dem 1. Weltkrieg die völlige Neugestaltung zur Notwendigkeit geworden, bei der auch der Gedanke der früheren, niemals ganz vergessenen Reichsunmittelbarkeit eine Rolle spielte.
 
In der Budgetdebatte vom 26. Juni 1919 wurde vom Vizebürgermeister Emmerling die Umgestaltung der Wiener Gemeindeverfassung besprochen und unter anderem die Schaffung von Verwaltungsgruppen angekündigt sowie insbesondere auch die Errichtung eines eigenen Kontrollamtes für notwendig erklärt. Zur Vorberatung der Reform wurde ein 30gliedriger Ausschuss eingesetzt. In seinen Verhandlungen wurde auch die Frage des Kontrollamtes eingehend erörtert und von Rechnungsrat Franz Rudolf Müllner ein umfassendes Referat über die Einrichtung einer unabhängigen Kontrolle und die Umgestaltung der Stadtbuchhaltung gehalten (Pr.Z. 7600/1920).
 
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform und der Übernahme von Aufgaben, die bis dahin dem Bunde oder dem Lande Niederösterreich zugekommen waren, ergab sich auch eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde. Ein neuer verfassungsrechtlich geregelter Typus entstand durch die Schaffung der "Betriebe", denen zwar eine geringere kaufmännische Selbständigkeit als den Unternehmungen zugestanden wurde, die sich aber noch vom sonstigen Verwaltungsapparat, dem sie in den übrigen Gelangen eingegliedert sind, durch eine stärkere kommerzielle Durchbildung und größere Befugnis für ihre kaufmännischen Entschlüsse unterscheiden. Dadurch war auch die Notwendigkeit einer äußeren und inneren Umorganisierung des Kassen- und Buchhaltungsdienstes gegeben. Nach Behandlung durch den genannten Ausschuss wurde der Gesetzesentwurf vom Gemeinderat in seiner Sitzung vom 16. April 1920 angenommen und als n.ö. Landesgesetz vom 29. April 1920, betreffend Änderungen des Gemeindestatutes und der Gemeindewahlordnung für die Stadt Wien (L.G.u.V.BL.Nr. 307) mit Geltungsbeginn vom 1. Juni 1920 publiziert.
 
Durch den § 19 Absatz 2 Punkt 7 wurde das Kontrollamt geschaffen. Der § 41a regelte seine Stellung und seinen Aufgabenbereich:
"Unabhängig vom Magistrat besteht ein Kontrollamt, welchem die Rechnungs- und Gebarungskontrolle obliegt, dessen Aufgabenkreis in einer Geschäftsordnung umschrieben ist und das insbesondere unmittelbar an den Bürgermeister und an den Gemeinderat zu berichten hat. Diesem Amte können dauernd oder vorübergehend auch Personen angehören, welche vertragsmäßig angestellt sind." Ferner besagte § 33 Absatz 3: "Das Kontrollamt (§ 41a) ist keinem Ausschusse, sondern unmittelbar dem Bürgermeister und dem Gemeinderate unterstellt" und § 73b Absatz 4: der Bürgermeister erlässt ............... mit Genehmigung des Gemeinderates die Geschäftsordnung für das Kontrollamt. Dem Bürgermeister steht die Zuweisung des Personales ... beim Kontrollamt ... zu.
 
Bereits mit Verfügung des Bürgermeisters vom 1. April 1920 war Rechnungsrat Franz Rudolf Müllner mit der Durchführung der Reform des Verrechnungs- und Kassenwesens betraut worden. Am 20.  April 1920 wurde ihm die Vorarbeit für die Schaffung eines Kontrollamtes übertragen und das hiezu notwendige Beamten- und Hilfspersonal zugeteilt. Er wurde am 25. Juni 1920 zum Direktor des Kontrollamtes ernannt.
 
Mit Beschluss des Gemeinderates vom 30. Juni 1920 (Pr.Z. 12220) wurde die vorgesehene Geschäftsordnung für das Kontrollamt genehmigt und trat ab 1. Juli 1920 in Kraft.
     Sie bestimmte, dass dem Kontrollamt
a) die Feststellung, ob in formeller, sachlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Hinsicht Mängel bestehen und
b) die Erstattung entsprechender Vorschläge zu deren Abstellung obliegt.
 
Mit Beschluss des Gemeinderates vom 28. Mai 1920 wurde das Organisationsstatut für die Unternehmungen der Gemeinde Wien erlassen, das gleichfalls mit 1. Juni 1920 in Kraft trat und die Rechnungs- und Gebarungskontrolle über sie dem Kontrollamt im gleichen Umfang wie für die Hoheitsverwaltung übertrug.
 
Mit 1. Juli 1920 trat somit für die Stadt Wien ein unabhängiges Prüfungssystem der gesamten Verwaltung einschließlich der städtischen Unternehmungen in Tätigkeit, dem sämtliche Prüfungsarten, die Ordnungsprüfung sowie die Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung zukommen. Die Organisation des Wiener Kontrollamtes diente in weiterer Folge auch als Muster bei der Schaffung der Kontrollämter verschiedener Städte.
 
Durch das Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920, BGBl.Nr.1/20 wurde ein weiterer Schritt in der Verfassungsänderung Wiens notwendig. Der Gemeinderat beschloss erstmalig als Landtag für Wien durch das Gesetz vom 10. November 1920 die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (LGBl.für Wien Nr.1). Hiebei erfuhren die Bestimmungen über das Kontrollamt eine Änderung und Erweiterung. Der frühere § 41a erhielt als nunmehriger § 76 folgende Fassung:
 
"Unabhängig vom Magistrat besteht ein Kontrollamt, welchem die Rechnungs- und Gebarungskontrolle hinsichtlich der Ämter, Anstalten, Betriebe und Unternehmungen der Gemeinde obliegt, dessen Aufgabenbereich in einer eigenen Geschäftsordnung umschrieben ist und das insbesondere unmittelbar an den Bürgermeister und an den Gemeinderat zu berichten hat.
 
Den Besetzungsvorschlag hinsichtlich des Direktors des Kontrollamtes erstattet der Bürgermeister, hinsichtlich der übrigen Kontrollamtsbeamten der Direktor.
Diesem Amte können dauernd oder vorübergehend auch Personen angehören, welche vertragsmäßig angestellt sind."
 
Mit Gemeinderatsbeschluss vom 24. Februar 1922, Pr.Zl.1999/22, wurden "besondere Bestimmungen für die dem Kontrollamt zur Ausübung des Kontrollamtsdienstes zugeteilten Beamten" genehmigt. Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 26. Jänner 1923, Pr.Zl.922/23, wurde innerhalb der Gruppe IIa des Gehaltsschemas der städtischen Angestellten eine eigene "Standesgruppe der Kontrollamtsbeamten" geschaffen und für die Übersetzung in die Standesgruppe außer den üblichen Vorbedingungen eine mindestens 2-jährige zufrieden­stellende Verwendung im Kontrollamtsdienst und die Ablegung einer Prüfung für den Kontrollamtsdienst nach einer vom Bürgermeister erlassenen Prüfungsordnung vorgesehen.
 
Für die Aufstellung dieser Standesgruppe waren sachlich wichtige Beweggründe maßgebend. Das im Zuge der Verwaltungsreform des Jahres 1920 neu gegründete Kontrollamt sollte mit einem Personal ausgestattet werden, das dieser verantwortungsvollen Tätigkeit auch sachlich und fachlich gewachsen war. Dieses Ziel sollte dadurch erreicht werden, dass für die dauernde Verwendung im Kontrollamt Bedingungen erstellt wurden, die über den Rahmen der üblichen theoretischen Vorbildung wesentlich hinausgingen.
 
Durch die Verfassungsänderung vom 17. Juli 1925 (LGBl.Nr.32) erfuhr der § 76 über das Kontrollamt mit Ausnahme des ersten Absatzes eine neuerliche Ergänzung und Abänderung und zwar:
 
"Der Direktor des Kontrollamtes wird über Vorschlag des Bürgermeisters vom Gemeinderat auf fünf Jahre bestellt. Er kann nur durch Beschluss des Gemeinderates abberufen werden.
 
Das übrige Personal des Kontrollamtes ist nach Vorschlag des Kontrollamtsdirektors aus den städtischen Angestellten zuzuteilen. Dem Amte können dauernd oder vorübergehend auch Personen angehören, welche vertragsmäßig angestellt sind. Der Kontrollamtsdirektor ist der Vorstand des zugeteilten Personals.
 
Führt eine Beanstandung oder Anregung des Kontrollamtes nicht zu dem von ihm beabsichtigten Ergebnis, so kann es die Angelegenheit dem im § 54 Absatz 2 bezeichneten Ausschuss zur Entscheidung vorlegen."
 
Durch die Bestimmung des letzten Absatzes wurde der Ausschuss für Finanzangelegenheiten als entscheidende Instanz im Falle von Schwierigkeiten in der Bereinigung von Kontrollamtsanträgen eingesetzt.
 
Schließlich erfuhr der § 76 als § 73 zufolge der Verfassungs­änderung vom 21. März 1928 (LGBl. für Wien Nr.11) im ersten Absatz die Ergänzung, wonach das Kontrollamt "alljährlich an den Gemeinderat über wichtigere Wahrnehmungen im abgelaufenen Geschäftsjahr zu berichten hat." Dieser Bericht wurde daher erstmalig über das Geschäftsjahr 1927 verfasst.
 
Damit war die verfassungsrechtliche Entwicklung des Kontroll­amtes abgeschlossen. Auf Grund der geänderten Verfassungs­bestimmung erfolgte die Bestellung des bisherigen Kontrollamts­direktors Franz Rudolf Müllner durch den Gemeinderat. Er verblieb nach zweimaliger Wiederbestellung bis zum Jahre 1938 in dieser Funktion.
 
Die politische Gestaltung in den Jahren 1934 - 1938 (Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien, LGBl. für Wien Nr.20 vom 31.3.1934 und Nr.53 vom 30.10.1934) brachte keine Änderung an der Stellung und dem Aufgabenkreis des Kontrollamtes.
 
Durch die Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938 trat die Deutsche Gemeindeordnung (DGO) vom 30.1.1935 mit 1. Oktober 1938 für die Gemeinden Österreichs mit Ausnahme Wiens in Kraft. Erst zufolge § 8 des Ostmarkgesetzes vom 14. April 1939 wurde auch für die Gemeindeverwaltung der Stadt Wien die Deutsche Gemeindeordnung in Kraft gesetzt. Damit wurden auch die Bestimmungen über das örtliche Rechnungsprüfungswesen wirksam. Auf Grund der vorläufigen Geschäftsordnung für die Verwaltung der Stadt Wien vom 1. Mai 1939 wurde das Kontrollamt als "Rechnungsprüfungs­amt" im Sinne der DGO in nahezu unveränderter Form weitergeführt und dem Reichsstatthalter unmittelbar unterstellt. Auch in sachlicher Hinsicht ergaben sich keine Umstellungen, da dem Kontrollamt die Pflichtaufgaben des Rechnungsprüfungsamtes im Sinne der DGO immer zukamen und auch die Kannaufgaben im weitesten Umfang durchgeführt worden waren.
 
Mit Entschließung des provisorischen Bürgermeisters vom 17. Mai 1945, M.D.35/45, wurde die Bezeichnung Rechnungsprüfungs­amt wieder in Kontrollamt umgewandelt und dieses dem Bürgermeister unmittelbar unterstellt.
 
Durch das neuerliche Wirksamwerden der Verfassung der Stadt Wien in der Fassung von 1931 auf Grund des Wiener Verfassungsüber­leitungsgesetzes (Gesetz vom 10. Juli 1945, St.G.Bl.Nr.67) traten nach der Übergangsregelung, die jedoch an der früheren grundsätz­lichen Stellung des Amtes nichts geändert hatte, mit 15. Juli 1945 sämtliche Bestimmungen über das Kontrollamt wieder in Kraft. Zum Kontrollamtsdirektor wurde der Leiter der Finanzabteilung Obersenatsrat Dr. Franz Leppa bestellt. Nach seinem Übertritt in den dauernden Ruhestand folgte der bisherige Leiter der Magistratsdirektion-Amtsinspektion Dr. Ernst Lachs zufolge Gemeinderatsbeschluss vom 17. Juni 1955 (Pr.Zl.1285).
 
Der Personalstand des Kontrollamtes war mit Genehmigung des Bürgermeisters vom 28.6.1920 (Ktr.A.Z. 57/20) mit 50 Prüfbeamten zuzüglich des Kanzleipersonales (5 Hilfskräfte und 2 Amtsgehilfen) festgelegt worden. Mit der Aufnahme der Tätigkeit des Amtes am 1. Juli 1920 wurden über Vorschlag des Kontrollamtsdirektors vorerst 31 Beamte aus dem Buchhaltungsdienst, die den Anforderungen entsprachen, zur Dienstleistung zugewiesen. Dieser Stand wurde im Zuge der weiteren Entwicklung entsprechend erhöht, zur Zeit der Verwaltungseinschränkung auch verringert.
 
Auf Grund der ursprünglich mit Gemeinderatsbeschluss vom 30. Juni 1920, Pr.Z. 12220, erlassenen Geschäftsordnung für das Kontrollamt war die Gliederung des Amtes in 3 Abteilungen vorgesehen, die jener der Gemeindeorganisation nach reiner Hoheitsverwaltung, nach Betrieben oder betriebsmäßig geführten Verwaltungszweigen und nach Unternehmungen folgte. Hiezu kam mit Genehmigung des Gemeinderates vom 18.11.1921, Pr.Z. 12831, eine 4. Abteilung, die mit den laufenden Buchrevisionen und den Bilanzprüfungen befasst war. In weiterer Folge erwies es sich als vorteilhafter, die Prüfungen zur Gänze auf Dienststellen einschließlich der dazugehörigen Buchprüfungen umzustellen, um so die Betriebskenntnisse und die örtlichen Prüfungen der Kontroll­amtsbeamten mit den Ergebnissen der reinen Buch‑ und Bilanz­prüfungen zwangsläufig auswerten zu können. Bei diesem Arbeits­system ist es auch weiterhin verblieben.
 
Mit der zunehmenden Bautätigkeit der Gemeindeverwaltung, insbesondere auf dem Gebiete des Wohnhausbaues, gewann die wirtschaftliche Überwachung der Ausführung von Neubauten und größeren Instandsetzungen erhöhte Bedeutung. Da Teilarbeiten im Verlauf des Baufortschrittes durch weitere Bauphasen verdeckt und dadurch auf ihre bedingungsmässige Ausführung in einem späteren Zeitpunkt unkontrollierbar werden, bestand die Notwendigkeit, solche Arbeiten bereits während der Bauausführung zu prüfen, um schwere finanzielle Schädigungen zu vermeiden. Es wurde daher durch Gemeinderatsbeschluss vom 13.4.1923, Pr.Z. 3756, die Aufstellung einer 5. Abteilung des Kontrollamtes genehmigt, der die Bauwirtschaftsprüfung (Kollaudierungskontrolle) oblag. Zur fachlichen Kontrolle der Arbeiten erwies es sich als zweckmäßig, auch praktisch tätig gewesene Fachleute heranzuziehen. So waren im weiteren Verlauf 6 Vertragsangestellte (1 Baumeister, 1 Tischler, 1 Spengler, 1 Anstreicher, 1 Elektrotechniker sowie ein Gas‑ und Wasserleitungsinstallateur) außerhalb des Dienstpostenplanes in Verwendung. In den Jahren 1933 ‑ 1934 wurden mit dem Rückgang der Bautätigkeit diese Vertragsangestellten entbehrlich. Seit dem Jahre 1937 wurde dem Kontrollamt 1 Baumeister als Fachmann beigegeben. Die Abteilung für Bauwirtschaftsprüfung blieb vorübergehend unbesetzt. Die neuerliche Erweiterung der Bautätigkeit in der Nachkriegszeit ließ es geboten erscheinen, die Bauwirtschaftsprüfung auf breiterer Grundlage wieder einzuführen, um nicht nur die bedingungsgemäße Ausführung der Arbeiten nachzuprüfen sondern auch auf Kosten sparende Bauarten hinzu­arbeiten. Es erfolgte daher im Jahre 1950 neuerlich die Zuteilung von 6 Fachwerkmeistern, im Jahre 1952 die Einstellung eines zweiten Baumeisters und mit 1.12.1952 die Wiedererrichtung der Abteilung "Bauwirtschaftsprüfung". Da die Verwendung der Fachwerk­meister (gelernte Handwerker mit Meisterprüfung) keine vorüber­gehende war und ihnen nicht nur die Qualitätsprüfung der einschlägigen Arbeiten sondern auch die Mitwirkung bei der Nachprüfung der Firmenanbote auf Grund der Anbotausschreibungen sowie der Ausmaßberechnungen und Kalkulationen oblag, wurden ihre Posten (6) im Dienstpostenplan festgelegt. Dadurch betrug der Personalstand des Kontrollamtes einschließlich des Kanzleipersonales (7) insgesamt 55 Beamte und Angestellte.
 
Die letzte Organisationsänderung im Kontrollamt war eine Folge des Einsturzes der Wiener Reichsbrücke am 1. August 1976. Mit der Novelle LGBl. 1977/17 wurde die Sicherheitskontrolle als Aufgabe des Kontrollamtes in der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien verankert.
Zwar wurden schon immer auch technische Kontrollen durchgeführt, doch der erwähnte Anlass bewog den Gemeinderat, die Wichtigkeit dieser Aufgaben durch Anführung in der Verfassung besonders zu betonen.
Seit der genannten Novelle der Stadtverfassung bestehen im Kontrollamt die Gruppen Gebarungskontrolle und Sicherheitskontrolle, die jeweils unter verantwortlicher Leitung eines Gruppenleiters stehen, wobei diese Gruppengliederung nichts an der Gesamtverantwortung des Kontrollamtsdirektors ändert.
 
Das Kontrollamt ist die einzige Kontrolleinrichtung in Österreich, die auch die Sicherheitskontrolle wahrnimmt, welche primär die technische Sicherheit zum Gegenstand hat. Die Kontrollbefugnis bezieht sich einerseits auf die Überprüfung der den Organen der Gemeinde obliegenden Vollziehung der sich auf die Sicherheit des Lebens oder der Gesundheit von Menschen beziehenden behördlichen Aufgaben und andererseits auf die von der Gemeinde verwalteten Einrichtungen und Anlagen, von denen eine Gefahr für die Sicherheit des Lebens oder der Gesundheit von Menschen ausgehen kann.